Ein Weihnachtsalbum – ernsthaft? Noch dazu mit Songs von Abba, Madonna, Robbie Williams und anderen Untoten? Es wird Fans geben, die die Bloodsucking Zombies From Outer Space für diese Idee verfluchen. Gläubige Geister, die derlei als antireligiöse Verunglimpfung empfinden. Und die Zeilenschinder-Riege in den noch nicht verblichenen Musikmedien möchten wir uns beim Öffnen des Überraschungspakets erst gar nicht vorstellen. Aber, Herrgott!, habt ihr alle dem heiligen Ungeist des Rock’n’Roll schon komplett abgeschworen?
Eben. Hier liegt das Ding nun also auf dem Seziertisch. „Bloody Unholy Christmas“. Oder auch, für säkulare Gemüter, „X-Mas“. Eventuell auch „X-Mess“, wie’s die Urheber gern schreiben. Die heissen Dead Gein (Gesang, Steh-Schlagzeug), Mr. Evilize (Gitarre, Gesang), The Reverend Bloodbath (Gitarre, Keyboard, Gesang) und Dr. Schreck (Kontrabass). Man kennt sie weithin als Blutsaugende Untote aus den Weiten des Alls. Amtlicherweise aber auch als Horrorpunk- und Psychobilly-Band aus Wien, die alle Genre- und sonstigen Grenzen längst gesprengt hat. Als Etikett für ihren enormen Output verwendet die Band selbst „Horrorbilly“, 2015 gewann sie gar einen "Amadeus" Award in der Kategorie Rock & Metal ("Hard'n'Heavy").
Man sollte jedenfalls nicht den Fehler machen, diese Genres zu unterschätzen: auf Facebook z.B. halten die BZFOS aktuell bei knapp 35.000 Fans, Tourneen führten sie quasi schon durch die ganze Welt (zuletzt waren sie in Deutschland, Dänemark und Frankreich unterwegs), die Tonträger sind begehrte Sammlerstücke und Konzert-Mitbringsel. 2004 erschien das Debütalbum "See You At Disneyland", Fachzeitschriften und Experten loben seither das Quartett in höchsten Tönen. Kooperationen mit diversen Labels und artverwandten Bands (u.a. Thee Flanders, The Peacocks) und sehr reges Touring haben BZFOS längst zu Fixsternen in diesem dunklen Universum werden lassen. "Der Horrorpunk passt zu Wien wie die Axt ins Zombiehirn." (laut.de)
Das Weihnachtsalbum ist aber alles andere als ein billiger Gag in Ehren ergrauter Zombies. Die Story beginnt vor mehr als zehn Jahren – als man rund um die obligatorische Halloween-Show die Idee gebar, einige Songs der legendären Formation Kiss in deren typischem Outfit und Make-Up zu spielen. Seltsamerweise gab es aber kein Booking für den 31. Oktober – weshalb man den Verkleidungs-Rummel kurzerhand auf einen Termin kurz vor Weihnachten verlegte. Dieses bizarre Szenario hat seither Tradition: alljährlich kamen andere Gruppen, Künstlerinnen und Künstler als Cover-Vorlagen für die Bloodsucking Zombies From Outer Space zum Handkuss. Das „Unholy X-Mess Jamboree“ wurde von Michael Jackson ebenso heimgesucht wie von Guns N’Roses... Die Fans hatten ihren Spaß daran. Und nicht nur die. Das Rätselraten, wer diesmal „dran glauben“ müsste, beherrschte die Stammtische, Jugendheime und Rockerbuden während der adventlichen Bastelstunden und Gebetskränzchen stadt-, ja landesweit.
Im Jahr des Herrn 2016 – also nach einem runden Dezennium – ist Schluss damit! Weil aber die Cover-Orgien der „Unholy X-Mess Jamborees“ ein unleugbarer Teil der Bandgeschichte sind, entschied man sich für den vorliegenden Tonträger: ein dauerhaftes Dokument gutmeinenden Grauens. Und holte sogar prominente Gäste ins Studio: Bela B. von den Ärzten ist dabei, Robbie Williams-Gitarrist Neil Taylor, Horrorpunk-Legende Argyle Goolsby, Mad Sin-Sänger Koefte deVille und Filmemacher und Songwriter James Balsamo sowie die Ex-Drahdiwaberl- & Falco-Band-Heroen Peter Vieweger und Thomas Rabitsch. Meine Herren! Verpackt wurde das Werk ihres Schaffens wie ein durchschnittlich-harmloses Weihnachtspaket für arglose Verwandte und Bekannte – nur die Blutspritzer auf dem Geschenkpapier irritieren. Freilich nur hypersensible Gemüter.
Merry XXX-Mas Everybody! Den Bloodsucking Zombies From Outer Space könnte es solchermassen glatt noch gelingen, die Mainstream-Untoten in punkto Aufmerksamkeit, Sex Appeal, Frömmigkeit, Business-Glamour und Verkaufszahlen hinter sich zu lassen.