monkey. / Schallter
VÖ GSA: 06.11.2015
SCHALL013 (12" Vinyl, 666 Stk. limitiert & nummeriert)
Vertrieb: Rough Trade
Kontakt: monkey.
"Alles in Bewegung und doch keinen Schritt weiter." So stand es vor Jahren zu lesen. Vor ziemlich exakt 36 Jahren, habe ich das in den Liner Notes zum "Wiener Blutrausch" so formuliert. Dass diese Schallplatte, produziert und realisiert von Musikern abseits des mediokren Mainstreams jener Tage, zum legendären Sammlerstück und zum entscheidenden Hebel Richtung Punk, New Wave und Neue Österreichische Welle werden sollte, hat damals niemand geahnt. Nicht einmal ich.
Denn es war, und ich habe - rotzig, frech, mutig und ehrlich - diese Attribute damals eigenhändig aus der Schublade eines blutjungen "Falter"-Schreiberlings geholt, ein Bruch mit fast allem, was davor war. Ästhetisch gab es keine eindeutige Klammer zwischen dem proletoiden Punk von Chuzpe, Minisex (die bald in eine andere Richtung abbiegen sollten) und der Mordbuben AG, dem Blut- & Beuschel-Schmäh der Drahdiwaberl rund um Professor Stefan Weber und dem zappaesken Jazz-Rock von Metzlutzkas Erben. Die anvisierte "Progressivität" lag im Auge des Betrachters, aber tönte zweifelsfrei aus den Lautsprecherboxen. Erst recht, wenn man den Lautstärke-Regler beherzt hochdrehte.
Letztlich gab der "Wiener Blutrausch", erschienen auf Schnazz Records, auch den Anstoss für das Schallter-Label. Es war einer der allerersten Versuche, den Indie-Gedanken in diesem Land mit dem Marktzugang und dem Pragmatismus der Major-Industrie zu versöhnen - was dank des persönlichen Freigeists der Betreiber (allen voran Rudi Nemeczek und meine Wenigkeit, aber auch Ariola-Boss Stephan Friedberg) gelang.
Mit denkwürdigen Releases von Minisex, Tom Pettings Hertzattacken, Hansi Lang, Hallucination Company, Rosachrom, X-Beliebig, Molto Brutto, Hans-Joachim Roedelius und Peter Weibel & Hotel Morphila Orchester repräsentierte man zwischen 1981 und 1985 ein Groß der „Guten Kräfte“, wie Chuzpe es (beim Konkurrenzlabel Gig Records, wo Falco dem Drahdiwaberl-Kollektiv entstieg) auf den Punkt brachten. Dass Schallter mittlerweile reaktiviert wurde, ist ein signalträchtiger Brückenschlag.
Kann man die Energie, den Gestus, die Aufbruchsstimmung jener Tage wiederbeleben? Man kann. Es gilt übrigens ungebrochen der Ansatz, der den „Blutrausch“ schon damals prägte. Zitat: "Die Gruppen, die auf dieser Platte zu hören sind, sind keine Gemachten, sondern aus den eigenen Bedürfnissen gewachsene Musikerkollektive, die – fernab vom Ö3 bekannten Alpinschmarrn – eine Verbindung suchen zwischen hartem Rock und neuen Musiktendenzen einerseits und engagierten, kritischen Inhalten andererseits."
Der "Wiener Blutrausch 2" ist eine Compilation, die die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Eventuell auch mit einer Ahnung von Zukunft. Denn Rotzigkeit, Ehrlichkeit und Mut markieren auch den heutigen Status Quo der Wiener Szene. Plus eine ordentliche Portion frisches Selbstbewusstsein. Einerseits kommen hier alte Helden mit neuen Werken zu Wort, zuvorderst Chuzpe, Minisex und das Hotel Morphila Orchester. Stefan Weber inspiriert hörbar die Bloodsucking Zombies From Outer Space. Und dann wären da all die Helden von heute: Wanda, Bilderbuch, Der Nino aus Wien, Kreisky und und und. Eine gewisse populistische Kantigkeit und lässige Pop-Attitüde lässt sich ihnen bei aller - oft gar nicht extra unterschwelliger - politischer und persönlicher Angriffslust allemal nachsagen.
Das ist der rote Faden, der sich durch die Neuauflage des "Wiener Blutrausch" zieht. Wie einst schon zu lesen stand. "Diese Platte ist ein Versuch von unten her und muss von sich aus ohne Etikette auskommen, wenn sie Anspruch auf Glaubwürdigkeit erheben möchte. (...) Und von welcher österreichischen Produktion lässt sich das sonst schon sagen?"
(Eberhard Forcher)
Crowdfunding, Baby! Wir danken allen, die unsere Kampagne über wemakeit unterstützt haben, und freuen uns auf den "Wiener Blutrausch 3"!
Tracklisting:
A1 Bilderbuch :
"Ich fahre mit dem Auto "
A2 Minisex :
"Könige"
A3 Bloodsucking Zombies from Outer Space feat. Stefan Weber :
"Supersheriff"
A4 Chuzpe :
"Superschalter"
A5 Der Nino aus Wien :
"Johnny Ramone"
A6 Kreisky :
"Blick auf die Alpen"
B1 Wanda :
"Luzia"
B2 The Who The What The Yeah :
"Schnitt"
B3 Mäuse :
"Der Hammer in der Hand des Idioten"
B4 Das Trojanische Pferd :
"Ich du er sie es (Warren's Song)"
B5 Erstes Wiener Heimorgel Orchester feat. Ronnie Urini :
"Niemand hilft mir"
B6 Peter Weibel & Hotel Morphila Orchester :
"Nach der Orgie"