Ich dachte es sind Menschen, es sind aber leider Wiener! (Helmut Qualtinger)
Vielleicht war es ja eine Schnapsidee, zu behaupten, es ließe sich jedes Jahr eine silbern glänzende Plastikscheibe füllen mit Songs in, aus und über Wien. Eine Sammlung, die es wert wäre, sie für alle Zeit aufzubewahren. Für kommende Generationen. Oder doch zumindest bis zum Umschwung der Großwetterlage, der Wiedereröffnung des Wien-Museums – oder auch nur bis zur nächsten Schrebergarten-Party von Onkel Hans.
Es ist zehn Jahre her, dass diese kompakte Idee geboren wurde, also feiern wir ein kleines, rundes Jubiläum. Und dennoch ist uns nur bedingt nach einem großen Geburtstagstusch zumute – die CD stirbt gerade einen stillen Tod, sie wird von Streaming, Playlists und YouTube abgelöst. Man könnte also halbwegs elegant unsere jährliche Übung ins Internet auslagern. Und vielleicht tun wir das auch, früher oder später. Aber es wäre nur das halbe Vergnügen: jedes Bild, jede Illustration, jeder Beistrich, ja jede Werbeanzeige (nebstbei: herzlichen Dank unseren treuen Sponsoren und Wegbegleitern!) ist so gültig wie jeder Ton, den Sie zu hören bekommen. Allein, wenn wir die Wien-Musik-Covers seit 2010 aneinanderlegen, wird ein Roman daraus. Er erzählt unzählige Geschichten aus den Kellern der Nacht.
Offen gesagt: wir waren knapp daran, zwei Tonträger zusammenzustellen – die Dezenniums-Ausgabe hätte es verdient. Selten waren die kulturellen Arsenale dieser Stadt praller gefüllt. Und selten fiel es uns schwerer, das Beste des Jahrgangs herauszufiltern. Die Essenz. Die wesentlichen Namen, Acts, Musikproduzent/inn/en anno 2019. Aber in der Konzentration auf die maximale Spieldauer einer CD liegt auch Trennschärfe: warum sind Granada nicht vertreten in dieser Kollektion, Pauls Jets, Wurst, Pizzera & Jaus, Gutlauninger, Cari Cari, Station Rose oder Ernst Molden & Das Frauenorchester? Gute Frage. Nächste Frage.
Immerhin: Wandas „Letztes Wienerlied“ haben wir freibekommen. Die Story dazu können Sie in den Liner Notes der vorjährigen Wien.Musik-Compilation nachlesen, sofern dies nötig erscheint. Wir sagen nur: ein denkwürdigerer Abschluß dieser Sammlung an Musikstücken, Couplets, Rock’n’Roll-Hadern, Punk-Schrapnells und Songdokumenten zwischen sentimentaler Elektroakustik und retro-futuristischem Heurigenlied ist nicht vorstellbar.
Mit welchen Aussichten schreiten wir also in die Zukunft? Mit den besten. In einem Jahr, da Bilderbuch vor dem Schloß Schönbrunn auftreten, Soap&Skin die Wiener Festwochen eröffnet (gemeinsam mit, Frauen vor!, unzähligen anderen Akteurinnen) und Paenda spektakulär den European Song Contest aung’lahnt lässt, wäre eine alternative Perspektive purer Defätismus. Ibiza ist anderswo. WIEN MUSIK 2019. Viel Vergnügen, wir hören uns eventuell wieder.
Illustration: Lisa Schrofner • Grafik: Paula Emilia Brandtner
Tracklisting:
01 Elektro Guzzi - Miney Mick
02 Bilderbuch - Checkpoint (Nie Game Over)
03 PÆNDA – Identity
04 At Pavillon – Vienna
05 On Bells - Come On Over
06 Kahlenberg – Opernball
07 Kreisky - Ein braves Pferd
08 Go! Go! Gorillo - Taking Care Of Monkey Business
09 Krooked Tooth - On the Devil´s Coat Seam
10 Bernhard Krisper – Deewagen
11 Kristoff - Du bliatst
12 Alex Miksch - Des Haus
13 Philipp Hochmair und die Elektrohand Gottes - Ein Schuldknecht & des Schuldknechts Weib
14 Drahthaus - Unsquare (Video Edit)
15 Bernhard Eder - Casiotone 601
16 DRAMAS – Vienna
17 Soap&Skin - Safe With Me
18 David Rubin - Wieder nie wieder | https://www.sternkinder.at/
19 Wanda - Ein letztes Wienerlied
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